21. April 2020

Tageslosung

Sie zogen Daniel aus der Grube heraus, und man fand keine Verletzung an ihm; denn er hatte seinem Gott vertraut.
Daniel 6,24

Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark!
1. Korinther 16,13

Manche Texte, Filme oder andere Beiträge, die einem derzeit zugespielt werden, erwecken den Eindruck, als seien Kontaktbeschränkungen und Quarantäne eine Folterkammer, ähnlich der Löwengrube, in die man Daniel damals gesteckt hat.

Da kursiert beispielsweise ein Film im Netz, in dem ein junger Mann mit ganz freundlichem und sanftem Tonfall und fast schon schmeichelnd davon erzählt, wie wunderschön das zu Hause sei, allein bzw. zu zweit. Das hört man. Zugleich aber sieht man, wie er sich große Zettel vor den Bauch hält, auf denen er seinen schrecklichen Zustand – mit ihr allein – beklagt. Der letzte Zettel enthält dann nur noch ein Wort: Hiiiilfe!
Ein anderer Film zeigt eine jüngere Frau, dabei hört man eine Stimme aus dem Off.
“ Frau …. , Sie haben nun Corona und müssen in Quarantäne. Sie haben zwei Möglichkeiten. Möglichkeit A: Sie gehen mit ihrem Mann und den Kindern in Quarantäne. Möglichkeit B:“
Antwort der Frau: „B. Ich nehme B.“

(Kleine Anmerkung, die ich mir nicht verkneifen kann: Der „Gag“ ist uralt und stammt wohl aus der TV-Serie „Eine schrecklich nette Familie.“ Zweite Anmerkung: Wer das noch weiß gehört schon fast zur Risikogruppe.)

Ich bezweifle, dass das alles wirklich so schrecklich ist. Die Polizei jedenfalls hat im Zuge der Krise viele Beamte unter anderem aus dem Urlaub in Dienstbereitschaft versetzt, weil eben auch ein Anstieg an häuslicher Gewalt befürchtet wurde. Meines Wissens sind die noch nicht für diese Aufgabe gebraucht worden.
Und außerdem ist dieser ganze Themenkomplex ist nicht neu, die Literatur ist voll davon, auch die Literatur älteren Datums. Nur ein Bespiel dazu, ein Gedicht von Robert Gernhardt. Wenn man den liest, dann kommt angesichts der Fülle von abgeplatteten Gags ja doch so etwas auf wie Nostalgie. Auch wenn wir da schon wieder bei der Risikogruppe sind.

Ein Sonntagnachmittag bei Strindbergs

Wahnsinn, Schreie, wildes Fluchen:
„August, da ist Gift im Kuchen!“

Irrsinn, Funkeln, Widerworte:
„Harriet, iß jetzt deine Torte!“

Keuchen, Stöhnen, hartes Zischen:
„August, dich wird’s auch erwischen!“

Schrecken, Schwanken, grelles Lachen:
„Harriet, halt! Sonst sinkt der Nachen!“

Wellen, Spritzen, wirre Stimmen:
„August, tritt mich nicht beim Schwimmen!“

Gurgeln, Schnappen, heis’res Beten:
„Harriet, du hast mich getreten!“

Aufschaun, Aufstehn, bleiche Rufer:
„Schaut, da ringt ein Paar am Ufer!“

Stutzen, Setzen, leises Lachen:
„Ach, die Strindbergs! Weitermachen!“


Nach diesen beiden Bildern aus dem Pöppelsche-Tal doch noch einmal zurück zu Daniel. Bei ihm ist die Geschichte ja nun gut ausgegangen. Mehr noch, danach ging es erst richtig aufwärts.
Die Frage, wie es ausgeht, ist bei uns noch nicht zu beantworten. Die einen tippen auf steil ansteigende Scheidungsraten, die anderen auf einen Babyboom. Ich beschränke mich darauf, nach den Kindern und Jugendlichen zu fragen in der Hoffnung, dass sie ohne Kratzer und Schäden an Leib, Gemüt und Seele diese Zeit überstehen.