Joh. 10, 11-16
11Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
12Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –,
13denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe.
14Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich,
15wie mich mein Vater kennt und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.
16Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.
Liebe Schützenbrüder, liebe Gäste.
Natürlich habe ich zunächst mal auf die Homepage des Sauerländer Schützenbundes geschaut. Und eine Menge beeindruckender Zahlen gefunden. Und dann Ziele. Eine ganze Menge und auch respektabler Ziele. Und alles unter der Überschrift oder dem Motto: Glaube, Sitte, Heimat.
Ist aber gar nicht so einfach, wie ich finde. Vor allem nicht mit dem Glauben. Denn es kann ja nicht der Glaube an die Sitte sein, einmal für 3 Tage in eine andere Rolle samt Uniform zu schlüpfen und dabei die Heimat und die Menschen ordentlich zu feiern. Ja, und manchmal auch ganznebenbei noch unter Beweis zu stellen, dass man auch mit Alkohol ein fröhlicher Mensch sein kann.
Glaube ist mehr, und schwierig zugleich. Vor allem, wenn der Glaube immer wieder sagt: Fürchte dich nicht. Und das in Zeiten, wo jede zweite Botschaft, die wir hören oder sehen, wo mindestens jede zweite Botschaft lautet: Nein, Fürchte dich.
Denken sie nur an die letzen 2 Wochen und ihre Jahrestage und Ereignisse.
15 Jahre ist es her, dass die Anschläge von New York auf das World Trade Center die Welt erschüttert haben. Und wir gedacht haben: Schlimmer kann es ja nun nicht mehr kommen. Schön wäre gewesen.
Vor fast genau einem Jahr gab es die Öffnung der Grenzen und den berühmten Satz unserer Kanzlerin: Wir schaffen das. Und ja, ich hätte mir auch ein bisschen mehr Charisma dabei gewünscht und Hinweise, wie das zu schaffen ist. Was für mich aber noch kein Grund ist, mich vor Flüchtlingen zu fürchten. Vor wirklichen Flüchtlingen, ich weiß, es gibt auch andere. Aber eben vor Menschen, die man nun wirklich nicht im Dreck und vor Bahnhöfen verkommen lassen konnte. Ich würde mich da eher vor denen fürchten, die da ihr eigenes Süppchen kochen, indem sie die Angst schüren. Und zum Teil außer Griffen in die Tiefe der nationalen Kiste nichts anzubieten haben.
Und auch davor, dass im Wahlkampfgezänk der Parteien Lösungen auf der Strecke bleiben, weil sich alle blockieren. (Und sich manchmal auch noch wundern, dass die Leute ihr Oberlehrergehabe satt sind.)
Und von Europa und der Türkei, und von Europa, Russland und der Ukraine, von Syrien und Nordkorea fange ich jetzt gar nicht erst an.
Genug Anlass zur Furcht, auch im Kleinen. Auch dann, wenn uns das Gefühl beschleicht, dass unsere kleine Welt mit Heimat und was dazu gehört, dies Stück Sicherheit und Geborgenheit, das wir doch brauchen, zum einen nur belächelt wird und zum anderen immer mehr bröckelt. Nicht zuletzt, weil man vieles nicht mehr vor Ort entscheiden kann. Und oft genug Entscheidungsträger – so hat man den Eindruck – sich hinter Europa und Europarecht verstecken.
In diesem Zusammenhang: vielleicht sind ihnen da auch die Schilder an der Straße hier zwischen Bad Westerkotten und Erwitte aufgefallen. Wo es um die Planung einer Straße geht, die Erwitte einkesseln und – auch das von vielen gefürchtet – Bad Westernkotten (auch als Bad) in den Würgegriff nehmen würde. Wobei es ein eher kleiner Trost ist, dass Bad Westernkotten und große Teile von Erwitte sich da auf einmal verstehen und sogar gemeinsam streiten wollen. (Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört! Dass wir das noch erleben dürfen.)
Fürchte dich, das der große Tenor. Und der Glaube sagt, gerade deshalb oder trotzdem: Fürchte dich nicht. Denn, so steht das in der Bibel mit der Gewissheit des guten Hirten: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ Die Kraft des Glaubens.
Vor ein paar Jahren, noch lange vor der jetzigen Völkerwanderung, da haben 3 Männer aus dem Iran mich gebeten, sie zu taufen. Was nicht so ganz einfach ist, denn die Taufe ist für Menschen aus dem Iran ja auch ein mehr als guter Grund, hier bei uns als Flüchtling anerkannt zu werden. Ich habe die drei aber gern getauft. Denn im Vorgespräch, halb auf Englisch, halb auf Deutsch, als ich sie natürlich nach Glauben und Überzeugungen gefragt habe, da sagte einer der drei zu mir: Schauen Sie sich doch mal die drei großen Weltreligionen an, Judentum, Christentum und Islam. Die sind doch gar nicht so weit auseinander. Da gibt es einen und nur einen Gott, der ist allmächtig, der will oder soll verehrt werden, da gibt es Gebote und Regeln, die das Verhältnis zu Gott und untereinander regeln, da gibt es Gottesdienste oder Versammlungen, Gebet, Almosen usw. usw. . Und selbst wenn man genauer hinsieht, die Unterschiede sind da, aber im Grunde sind sie sich in alldem doch ziemlich ähnlich.
Nur, so sagte er, und deswegen wolle er sich taufen lassen, in einem da unterscheide sich das Christentum doch grundsätzlich. Nämlich weil das ein Gott sei, der als Allmächtiger auf Macht verzichtet. Was man festmachen könne an der Frage, wo Gott ist, wo für Christinnen und Christen sein Platz oder Ort ist. Eben nicht weit weg, im Himmel oder so und über allem schwebend, entrückt. Der Platz oder Ort Gottes sei neben und bei den Menschen, an ihrer Seite, ganz nah und für sie da.
Es wird darum nicht einfacher mit unserem Glauben, zumal wenn er auch noch Toleranz und Nächstenliebe und auch eine Stellung der Frau fordert, die ich für unverzichtbar halte. Und es gibt andere An gebote, unendlich viele Angebote im Supermarkt des Lebens und Anbieter dazu.
Aber gibt es einen einzigen unter ihnen, auf den das zutrifft: Der Herr ist mein Hirte. Der gute Hirte gibt sein Leben für die Schafe?
Und wenn ihr dann anfangt all die Angebote zu prüfen und zu befragen und die Geister zu unterscheiden, und wenn ihr die entscheidende Frage stellt: „Wem nutzt es wirklich“?, und wer denkt da an sich und wer denkt wirklich an mich?
Dann werdet ihr ganz sicher darauf kommen: Welch ein Herr, der so viel für seine Leute übrig hat.
Welch ein Herr, der nicht knechtet, sondern freigibt, der nicht an seinen Vorteil sondern an euer Glück denkt,
welch ein Herr, der euch leben lässt, als ob es Gott, als ob es ihn überhaupt nicht gäbe. Und selbst, wenn ihr so lebt, der euch trotzdem nicht aus seinem Herzen entlässt.
Welch ein Herr, der nicht mit Strafe droht sondern mit Vergebung wirbt, der sich für euch zerreißt oder zerreißen lässt, damit ihr frei seid und aufrechten Ganges gehen könnt.
Und welch ein Herr, der in Gethsemane, als es ihm an den Kragen ging, der sich nicht hat abbringen lassen von seinem Weg, konsequent bis zum Ende, auf das alle sehen können: So ist Gott. Und wenn er so an unserer Seite ist, was mag gegen uns sein. Wobei er uns nicht versprochen hat, uns vor allem zu bewahren, aber durch alles hindurch. Und er hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
Und wenn man das weiß und sich darauf verlässt, ich finde, dann lohnt es sich, dafür in die Öffentlichkeit zu gehen, auch auf die Straße. Auch in Uniform. Aber bitte nur in Uniform. Wir sind Kirchen des Wortes und der Sakramente. Und auch zu feiern, auch das gehört ja zum Leben dazu. Zu feiern, um daraus Kraft zu schöpfen und sagen zu können: Ich habe hier Menschen erlebt, die wissen und glauben das Gleiche. Fürchte dich nicht.
So sei es. Amen